Dienstag, 19. August 2014

Herzfrequenzzonen und Fettverbrennungspuls - Mythos oder Wahrheit?

Regelmäßig hört man von Abnehmwilligen und Ausdauersportlern, dass sie in einem Pulsbereich von 140 bis 150 bpm laufen, da sie in diesem wohl am meisten Fett verbrennen würden. Doch ist diese Annahme korrekt? Gibt es wirklich so eine "Fettverbrennungszone"?
Um dieser Sache auf dem Grund zu gehen, habe ich einige Studien durchgearbeitet, welche Hinweise darauf liefern, dass es tatsächlich einen Puls gibt, bei welchem am meisten Fett verbrannt wird. Die Berechnung ist jedoch wesentlich komplizierter.
Die Fettverbrennung wird unter Zuhilfenahme des Laktattests gemessen. Bis zu einem bestimmten Schwellenwert der Konzentration von Laktat im Blut verwendet der Muskel Energie aus den Fettzellen des Körpers und baut so Fett ab. Über diesem Schwellenwert hinaus wird der Muskel nicht mehr richtig mit Sauerstoff versorgt. Es kommt es zu einem starken Leistungsabfall., da der Körper Energie ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff gewinnen muss. Als Endprodukt der anaeroben Energiegewinnung entsteht (viel) Laktat.

Wir halten also fest, dass bis zu einer bestimmten Intensität des Trainings  (Laktatkonzentration im Blut) genug Sauerstoff zur Verfügung steht, um Energie aus Fettzellen zu gewinnen. Wenn das Training zu intensiv ist, wird die Energie nicht mehr aus den Fettzellen bezogen.

Welche Energiespeicher besitzt der Körper?


Der Körper speichert Energie in Form von Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten.
Das Fett wird dabei als Fettgewebe und als Fett in der Muskulatur, Kohlenhydrate in der Leber und der Muskulatur, und das Eiweiß in der Muskulatur selbst gespeichert.

Welche Depots bei welcher Belastung?


Je höher die Intensität des Trainings, desto höher ist auch der Energieverbrauch bzw. der "Kalorienverbrauch". Doch das Ziel soll sein, möglichst viel Energie aus Fett zu gewinnen. Die Muskeleiweiße sollen bestenfalls da bleiben, wo sie sind und die gespeicherten Kohlenhydrate interessieren uns eigentlich auch nicht. Ein erhöhter Energieverbrauch, welcher durch starke Belastungen hervorgerufen wird, wird primär durch den Verbrauch der in den Muskeln gespeicherten Energie gedeckt. Dies lässt sich durch limitierende Membranen erklären, welche den Transport von Kohlenhydraten und Fetten aus dem Blut einschränken.

Wir können also weiter festhalten, dass bei zu starker Beanspruchung des Muskels bzw. starker Intensität des Trainings (im aeroben Bereich) wesentlich mehr Energie aus den Muskelzellen als aus den Fettzellen gewonnen wird.

Die maximale Sauerstoffaufnahme


Beim Menschen wird die Intensität mit der höchsten Fettverbrennung mit einem Prozentsatz der maximalen Sauerstoffaufnahme bestimmt. Zahlreiche Laborstudien belegen, dass der Bereich der maximalen Fettoxidation zwischen 48% und 75% der maximalen Sauerstoffaufnahme liegt.

Im Bereich von 65% bis 75% der maximalen Sauerstoffaufnahme werden etwa 0,6 Gramm Fett pro Minute oxidiert. Die Energie, welche in den Muskeln bereitgestellt wird, entleert sich innerhalb weniger Stunden. Dies hat zur Folge, dass diese Intensität nach einer gewissen Zeit nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Hierbei kommt es ganz darauf an, wie lang man seine Ausdauereinheiten gestaltet. Wenn man nur eine Stunde Ausdauersport betreibt, kann man so die höchste Oxidation von Fett erreichen.

Die Höchste Fettverbrennung erzielt man bei einer Intensität von 75% der maximalen Sauerstoffaufnahme. Hier herrscht jedoch das Problem, dass der größte Anteil der gelieferten Energie aus Kohlenhydraten besteht. Dies führt Schlussendlich dazu, dass die muskulären Glykogenspeicher bereits nach kurzer Zeit entleert sind und die Intensität des Trainings nicht beibehalten werden kann.

Für lange Ausdauereinheiten (>2 Stunden) eignet sich daher eine Belastungsintensität von 50%-60% der maximalen Sauerstoffaufnahme, um die größtmögliche Fettoxidation zu erreichen. Bei kürzeren Einheiten kann man im Bereich von 60%-70% der maximalen Sauerstoffaufnahme trainieren, um viel Fett zu verbrennen.

Die Bedeutung der Laktatwerte im Blut


Mit zunehmender Belastung nimmt die Fettoxidation ab und die Oxidation von Kohlenhydraten zu. Mit steigender Kohlenhydratoxidation steigt auch die Laktatkonzentration im Blut. Die Anhäufung von Laktat zeichnet sich durch eine stark verminderte Fettverbrennung ab.

Lässt sich der richtige Puls bestimmen?


Die Herzfrequenz, bei welcher am meisten Fett oxidiert wird, lässt sich annähernd bestimmen. Das Vorgehen wird im Folgenden näher erläutert.
Ein genauer Wert lässt sich nur mit zeitgleicher Laktatmessung ermitteln.

Wie ermittle ich die maximale Sauerstoffaufnahme?


Die maximale Sauerstoffaufnahme lässt sich mittels Cooper-Test ermitteln. Innerhalb von 12 Minuten soll eine möglichst große Wegstrecke zurückgelegt werden. Es bietet sich an, mehrere Versuche zu starten, da die 12 Minuten mit hoher Intensität bewältigt werden sollen.
Zur Errechnung der maximalen Sauerstoffaufnahme benötigt man die Anzahl der Meter, welche in den 12 Minuten zurückgelegt wurden.
\begin{equation}VO_{2}max = \frac{Distanz\ in \ Metern - 505}{45}\end{equation}

Wie ermittle ich meine maximale Herzfrequenz?


Die maximale Herzfrequenz erhält man durch maximale Intensität beim Laufen. Laufen Sie sich 10 Minuten ein, sodass Sie warm und bereit für große Belastungen sind. Es werden nun 3x3 Minuten mit Temposteigerungen in jedem Intervall gelaufen. Nach jedem 3-Minuten-Zyklus wird zwei Minuten getrabt. Laufen Sie so die ersten drei Minuten gemütlich. Im zweiten Zyklus wird ein Tempo gewählt, welches Sie ordentlich außer Atem bringt. Im letzten Zyklus rennen Sie so schnell und so intensiv, wie Sie nur können. Wenn Sie die Übersäuerung der Muskeln in den Beinen spüren und fast kollabieren, haben Sie die maximale Herzfrequenz erreicht. Die höchste Frequenz, welche im dritten Zyklus erreicht wird, entspricht der maximalen Herzfrequenz. Laufen Sie sich nun noch zehn Minuten aus.

Welcher ist nun der perfekte Puls?


Der Prozentsatz der maximalen Sauerstoffaufnahme lässt sich in einen Prozentsatz der maximalen Herzfrequenz umrechnen.
\begin{equation}\%HF = (0,64 * \%VO_{2}max) + 37\end{equation}

Beispielrechnung


Da ich meistens nur eine Stunde renne, nehme ich mir als Ziel 65% der maximalen Sauerstoffaufnahme. So sollte ich theoretisch die größte Fettverbrennung erzielen.

In 12 Minuten (Cooper-Test) schaffe ich 3000 Meter zurückzulegen.
Es ergibt sich eine maximale Sauerstoffaufnahme von \begin{equation}\frac{3000 - 505}{45} = 55,4\ ml O_{2}/min\end{equation}
Meine ermittelte maximale Herzfrequenz beträgt 192 bpm.

Wenn ich also mit 65% der maximalen Sauerstoffaufnahme trainieren möchte, so muss ich folgenden Puls halten bzw. erreichen:
\begin{equation}(0,64 * 55,4) + 37 = 72,46\%\ maxHF = 139,12\ bpm\end{equation}
Die größte Fettoxidation erreiche ich demnach mit einer Herzfrequenz von 139 bpm.